Der GameBoy bot nicht die für Handhelds seiner Zeit bahnbrechende Grafik – statt beeindruckender Grafiken gab es nur vier Grautöne auf einem spinatgrünen Display. Seine direkten Konkurrenten, der Atari Lynx und Segas Game Gear, boten dagegen über 4000 Farben. Die grafischen Fähigkeiten dieser Konkurrenzprodukte waren deutlich fortgeschrittener. Warum konnte sich dann der GameBoy von Nintendo durchsetzen und einen Triumphzug durch die 1990er-Jahre feiern?

Der GameBoy zählt zu den erfolgreichsten Konsolen aller Zeiten. Seit seiner Einführung 1989 bis in die frühen 2000er wurden der GameBoy und sein Nachfolger, der GameBoy Color, zusammen rund 120 Millionen Mal verkauft. Sein enormer Erfolg hat dazu geführt, dass der GameBoy bis heute eine treue Anhängerschaft besitzt. Klassiker wie Tetris oder Pokémon, die auf dem GameBoy debütierten, sind weltweit bekannt und ein fester Bestandteil der Popkultur. Wer den aktuellen Wert des Handhelds und seiner Spiele wissen möchte, dem wird die GameBoy Preisliste empfohlen.

Super Mario Land war ein Starttitel des GameBoys im Jahr 1989.

Warum der GameBoy sich gegen die Konkurrenz durchsetzte

Als Nintendo 1989 den GameBoy auf den Markt brachte, war das Echo unter Fachleuten verhalten, denn technisch war der Handheld unterlegen.

Der Atari Lynx bot im selben Jahr echte Farben und eine Hintergrundbeleuchtung, was das Spielen unter schlechten Lichtbedingungen ermöglichte – ein deutlicher Vorteil gegenüber dem GameBoy. Ein Jahr später trat Sega mit dem technisch überlegenen Game Gear in den Handheld-Markt ein. Der Grund für den Erfolg des GameBoys wird deutlich, wenn man die Situation vergleicht.

Das ist so, als ob man mit dem Ferrari zum Supermarkt um die Ecke fahren würde.
Das ist mehr als die Leute wollen und überhaupt brauchen.

Ninja Gaiden war eine Arcade-Umsetzung und erschien 1990 für den Atari Lynx. Mit Farbe und Hintergrundbeleuchtung aufwartend, war der Atari Lynx zunächst ein Konkurrent des GameBoy.

GameBoy Hardware: Vorteilhafte Einfachheit schlägt technische Überlegenheit

Der Sieg von Nintendo im Kampf der Handhelds war kein Zufall. Im Vergleich zum Atari Lynx und Segas Game Gear hatte der GameBoy auch Nachteile durch seine schwächere technische Ausstattung. Die stärkeren Geräte verbrauchten deutlich mehr Batterien und waren zudem teurer in der Anschaffung. Der GameBoy dagegen war preisgünstiger und die Batterien hielten länger, was ihn zu einer idealen tragbaren Spielkonsole machte.

Nintendo GameBoy Atari Lynx Sega Game Gear
Erst-Veröffentlichung 1989 1989 1990
Farben 4 Grautöne 4096 Farben (16 gleichzeitig) 4096 Farben (32 gleichzeitig)
Preis 149,- DM (+ Tetris) 399,- DM 299,- DM
Abmessungen 14,8 cm × 9,0 cm × 3,2 cm 27,3 cm × 10,8 cm × 3,8 cm 20 cm × 11 cm × 3,4 cm
Haltbarkeit der Batterien ca. 15 Stunden (4 Batterien benötigt) ca. 5 Stunden (6 Batterien benötigt) ca. 4 Stunden (6 Batterien benötigt)
Spielzeit pro Batterie 225 Minuten 50 Minuten 40 Minuten

Anmerkung: Alle drei Handhelds erschienen jeweils ein Jahr nach ihrer Erst-Veröffentlichung in Europa.

Nintendos Handheld war deutlich günstiger – man konnte zwei GameBoys für den Preis eines Game Gears oder fast drei für den Preis eines Atari Lynx kaufen. Inflationsbereinigt entsprach der Preis des GameBoys von 149 DM im Jahr 2018 etwa 125 Euro (Lynx: 399,- DM ~ 333 Euro, Game Gear: 299,- DM ~250 Euro).

Die längere Batterielaufzeit war ebenfalls ein entscheidender Vorteil, da sie es ermöglichte, länger zu spielen ohne ständigen Batteriewechsel.

Der GameBoy war zudem handlicher und somit leichter zu transportieren, was besonders im Vergleich zum Lynx, der fast die Breite eines Lineals erreichte, von Vorteil war.

Der Lynx mag in seiner Zeit revolutionär gewesen sein, doch seine Größe und hohen Kosten sowohl in der Anschaffung als auch im Unterhalt machten ihn unpraktisch für alltägliche Anwendungen. Der GameBoy traf mit seiner einfacheren Technik genau das Bedürfnis der Nutzer, auch wenn er technisch weniger beeindruckend war. Ähnlich verhielt es sich mit dem Sega Game Gear. Doch nicht nur die Hardware sorgte für den entscheidenen Vorteil des GameBoy, sondern auch seine Software – also Spiele.

Der zweite Vorteil: Die GameBoy-Spiele

Von Ende des Jahres an werden die Fluglinien China Airlines, Northwest und Virgin Atlantic in ihren besseren Klassen nicht nur Filme und Musik, sondern auch Videospiele anbieten. In der Bundesbahn trifft man neuerdings immer öfter auf Herren im blauen oder grauen Tuch, die auf ihrem Game Boy Tetris-Klötze türmen.

Neben den technischen Vorteilen zeichnete sich der GameBoy auch durch sein Spieleangebot aus. Schon zur Markteinführung in Europa und Amerika lag Tetris bei, was half, eine breitere Zielgruppe zu erreichen. Das einfache und eingängige Spielprinzip machte Tetris besonders bei Erwachsenen beliebt. Der zur Veröffentlichung erschienene Mario-Titel trug ebenfalls zum Erfolg bei, trotz einiger Neuerungen.

Durch die bereits etablierte Beliebtheit Marios durch das Nintendo Entertainment System (NES) und ein kontinuierlich hochwertiges Softwareangebot konnte Nintendo seinen Vorsprung weiter ausbauen. Ein besonderer Schutz der Module sicherte zudem, dass nur von Nintendo autorisierte Entwickler Spiele für den GameBoy entwickeln konnten. Dies sollte die Produktion minderwertiger Spiele verhindern – eine Lektion, die Nintendo aus dem Videospielcrash von 1983 gezogen hatte.

Im Gegensatz dazu konnte Atari für den Lynx zwar auch gute Spiele bieten, diese erreichten jedoch nie die Popularität von Nintendos Titeln. Herausragende Exklusivtitel für den Lynx fehlten und es gab unter den Spielen keine vergleichbaren Zugpferde wie Tetris und Mario. Sega kämpfte gegen den späteren Release an. Aufgrund des Erfolges des GameBoys entschieden viele Hersteller, gar nicht erst für den später erschienenen Game Gear zu entwickeln. Selbst das Maskottchen Sonic konnte diesen Nachteil nicht wettmachen.

Um gegen den Erfolg des GameBoys anzukämpfen, setzte Sega in den USA auf teils skurrile bis peinliche Werbespots. In einer Reihe von Spots für seinen Game Gear diffamierte Sega die GameBoy-Spieler als naive Dümmlinge, was angesichts der hohen Beliebtheit von Nintendos Konsole sehr schlecht ankam.

Nintendo verkaufte rund 119 Millionen GameBoys (inkl. Color), während nur 3 Millionen Atari Lynx und knapp 11 Millionen Game Gears von Sega über die Ladentheken gingen. Die Weichen für den Erfolg stellte Nintendo früh mit durchdachten, sparsameren Hardwarekonzepten. Hinzu kamen bekannte Marken wie Super Mario und Zelda sowie der Clou mit dem Puzzle-Hit Tetris.

Dass der GameBoy sich nicht nur gegen die Konkurrenz durchsetzte, sondern auch so lange am Markt bleiben konnte, liegt nicht zuletzt an Pokémon. Als der GameBoy sich seinem Lebensende näherte, löste der weltweite Boom um die Taschenmonster einen weiteren Systemseller für den GameBoy aus. So präsentierte Nintendo erst 2001, 12 Jahre nach der Veröffentlichung des klassischen GameBoys, mit dem GameBoy Advance einen echten Nachfolger.

Einige Jahre später entschied sich Nintendo erneut, aus denselben Gründen wie beim GameBoy, für technische Nachteile zugunsten eines günstigeren Systempreises. Der wenig erfolgreiche Virtual Boy war nur mit einem roten Display ausgestattet, und etwa zur gleichen Zeit entschied Nintendo, seinen N64 mit Modulen statt einem CD-ROM-Laufwerk auszustatten, was den Konsolenpreis in die Höhe getrieben hätte.

Anders als beim GameBoy sollten sich diese beiden Entscheidungen letztendlich jedoch nicht auszahlen.